Foetus

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Foetus - ich nehm das mal als Sammelbecken für die drei Millionen Synonyme von James George Thirlwell, dem Industrial Elvis, dessen Graceland auf der dunklen Seite des Mondes steht und von dort aus Mord und Brand funkt, und der von allem singt, was so richtig weh tut: Faschismus, S/M, Versagen, Verfall, Zerfall, Verderben und Entfremdung, Serienkillern, Inzest, Tod, Hass, Liebe, Unterdrückung, Zerstörung, und Angst, jede Menge Angst - Angst im Allgemeinen und ganz Konkretem.
Und alles dargeboten in einem abgefahrenen Rock'n'Roll-Industrial-Mix, der so rein gar nichts mit dem abwaschbaren Sado-Maso-EBM der Dance-Floor-Goths zu tun hat.
Clint Ruin, Jim Foetus, Bubba Kowalski, gerne auch Baba Kowalski
oder Steroid Maximus, Wiseblood oder Manorexia, wie er sich auch nennt, ist, wie Graeme Revell von SPK und Tom Ellard von Severed Heads, ein australisches Gewächs.
In Australien geboren, später ein bisschen Kunst studiert, flott abgebrochen und 1978 dafür in London aufgeschlagen, 1981 gab's das erste erwähnenswerte Projekt "You've Got Foetus On Your Breath" mit der 12" Wash / Slog

Überhaupt, die ganzen "Foetus"-Projekte - allein die Namen sind schon ein Schmunzeln wert: The Foetus All Nude Revue | Foetus And The Transvestites From Hell | Foetus Art Terrorism | Foetus Über Frisco | Foetus In Your Bed | Foetus Inc. | Foetus Interruptus | Foetus Over Frisco | Foetus Under Glass | Fœtus | Philip & His Foetus Vibrations | S.F.O.T.W. | Scraping Foetus Off The Void und, mein Lieblings-Foetus, Scraping Foetus Off The Wheel mit den genialen Longplayern "Hole" und "Nail".

Die "Hole" und "Nail" erschienen zu einer Zeit, 1984, wo der Meister nach New York emigrierte. Offenbar hat er so richtig was gegen die U.S.A., bleibt aber trotzdem da wohnen. Er suhlt anscheinend gerne im Dreck. Hat Thirlwell wohl echt Bock drauf! Er lebt heute noch da ...

Auf der Hole sind die beiden Knaller "Lust For Death" und "I'll Meet You In Poland Baby" drauf. Außerdem so schillernde Stücke wie "Sick Man" und "Satan Place", und wenn man dann Textzeilen wie I'M THE DEAD DEAD DEAD DEAD DADDIO zu Gehör bekommt, weiß man ab da spätestens, das ist nicht ABBA, das ist aber auch nicht Rammstein. Das ist nämlich richtig cool und der richtige Sprit für die rabenschwarzen Momente im Leben. Hier ist nichts heilig, nichts sicher und schon gar nichts Tabu. Gewürzt mit Humor der schwärzesten Sorte, wird der akustisch-seelische Sodbrand bekömmlich und sorgt so für Freude und Heiterkeit. Daran sind auch die schrägen Ideen Thirlwells nicht ganz unschuldig. "Satan Place" nimmt sich den Surf-Sound der Beach Boys und Konsorten zur Brust und so kommt J.G. auf einer Lava-Welle direkt ins Wohnzimmer gesurft. BA BA BA BA HUMMAMA BA HUMMA MA BABA BA BA COWABUNGA!

Zudem hat Thirlwell denn Bogen raus, was das Produzieren anbelangt. Kein Trash, nicht die Bohne billig. Das merkt man dann so richtig auf der "Nail". Granaten Scheibe! The Throne Of Agony, Pigswill und besonders Anything (Viva!) hauen mir selbst nach mehr als zwei Jahrzehnten immer noch die Fontanelle weg.

Was brauch ich Marilyn Manson? Das ist saft- und kraftloses Abgeklatsche dagegen. In diesem Fall bin ich markentreu, höre das Original - und das heißt Thrilwell.

Der Sportsfreund hat auch andere Projekte als die Foetus-Sachen laufen. Wiseblood zum Beispiel, mit der 12" "Stumbo" von 1986 mit starkem Dub-Einschlag.

Auch ist er sonst sehr rührig und remixt für Kollegen wie den Red Hot Chili Peppers, Pantera, Nine Inch Nails, Coil, Front 242. Sogar für THE THE, Respekt!

Auch mit Steven Stapleton, besser bekannt unter Nurse With Wound, hat J.G. gearbeitet. Neben Größen wie David Michael Bunting (besser bekannt als David Tibet oder Tibet 93 oder oder oder), Edward Ka-spel (der Frontmann der Legendary Pink Dots) und Graeme Revell (!) wurde die "The Sylvie And Babs Hi-Fi Companion" unter der Federführung von Steven Stapleton geschmiedet.

Ein fleißiges Kerlchen, der Clint, Jim, Baba ... Foetus.

>>By nordwind   (Friday, 19 Oct 2007 21:38)



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